Die neue französische Musikszene

Auch wenn die „Standards“ des französischen Chansons (Edith Piaf und „La vie en rose“, Claude François und „Comme d’habitude“, Charles Trenet und „La mer“) immer noch hoch im Kurs stehen: Die Nachfolge ist gesichert. Ob Chanson, Rap, Elektro, Rock oder Weltmusik – die französische Musik erfreut sich auch auf internationalem Parkett bester Gesundheit.

Elektromusik aus Frankreich

Das Album „Boulevard“ von Ludovic Navarre (Künstlername: St.Germain) stellt den ersten wirklichen Erfolg der französischen Elektromusik außerhalb von Frankreich dar. Die englische Presse wählt es sogar zum besten Album des Jahres 1995. Zwei Jahre später adelt die Gruppe Daft Punk die französische Elektromusik endgültig, indem sie das Studioalbum „Homework“ mit den Welthits „Around the World“, „Alive“ und „Da Funk“ herausbringt. Wie der Erfolg ihres letzten Albums „Random“ zeigt, ist die Gruppe bis heute auf der ganzen Welt der Inbegriff der French-Touch-Musik geblieben.

Die Gruppe Gotan Project, die Tango und elektronische Musik miteinander verbindet, hat mit ihrem ersten Album „Revancha del Tango“ ebenfalls einen Riesenerfolg gefeiert – genauso wie das Duo Justice, das 2007 mit dem Album Cross und der Singel D.A.N.C.E. international bekannt geworden ist. Noch aktueller hat der phänomenale David Guetta mit seinen Hits, dem von den Black Eyed Pies komponierten „I Gotta Feeling“ und dem von Akon geschriebenen „Sexy Bitch“ die ganze Welt erobert. In seinem Fahrwasser stoßen Martin Solveig und Bob Sinclair außerhalb der französischen Grenzen ebenfalls auf ein positives Feedback.

Hip-Hop und Rap aus Frankreich

Die erste französische Hip-Hop-Platte war 1984 Paname City Rappin von Dee Nasty. Seither haben sich viele französische Hip-Hopper in der Szene etabliert. MC Solaar war der erste Rapper, der 1992 den nationalen Musikpreis Victoire de la musique erhielt. Rapper und Crews wie Booba, IAM, Supreme NTM oder Sinik verkauften jeweils schon Millionen von Alben und sind weit außerhalb der französischen Grenze bekannt. Zu den berühmtesten Rappern zählt auch Maître Gims, der sowohl als Solokünstler wie auch als Mitglied der Gruppe Sexion d'Assaut auftritt.

Pop- und Rockmusiker aus Frankreich

Phoenix, eine Gruppe aus Versailles, die anfangs im Ausland populärer war als in Frankreich, hat Amerika seit dem Erscheinen ihres Albums „Wolfgang Amadeus Phoenix“ (weltweit über zwei Millionen verkaufte Exemplare) fest im Griff. 2009 wird Phoenix als erste französische Gruppe in die NBC-Show „Saturday Night Live“ eingeladen, 2010 tritt sie im Madison Square Garden in New York auf (mit der Gruppe Daft Punk im Vorprogramm). Phoenix hat den Weg für eine ganze Generation französischer Künstler geebnet, die häufig im Ausland bekannter sind als in Frankreich. Dazu gehören die Gruppen Hushpuppies, Kill the Young, Tahiti 80 und M83. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der zurückhaltende Anthony Gonzalez, der beim ersten Fuji Rock Festival in Japan auftritt und die ersten Auftritte von Gruppen wie Kings of Leon, The Killers oder Depeche Mode sicherstellt.

Filmmusik aus Frankreich

Als 1998 ihr Album „Moon Safari“ erscheint und für großes Aufsehen sorgt, verwirklicht die Gruppe Air – der Name ist ein Akronym aus den Begriffen Amour (Liebe), Imagination (Fantasie) und Rêve (Traum) – den Soundtrack zu Sofia Coppolas erstem langen Film, „Virgin Suicides“. Alexandre Desplat ist ein anderer Künstler, dem Hollywood zu Füßen liegt. 2009 liefert Aexandre Desplat die Originalmusik zur zweiten Folge von „Twilight“. Der Titel „New Moon“ aus dieser Musik war bis 2011 in den Charts. Sein Name taucht auch im Vorspann der Filme „Moonrise Kingdom“, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ sowie „Tage des Verrats“ auf.

Die Erneuerung des französischen Chansons

Die französische Popszene und die Szene der elektronischen Musik sind nicht die einzigen, die außerhalb von Frankreich hoch im Kurs stehen. Egal ob sie auf Französisch oder Englisch singen – Ben l'Oncle Soul, Yael Naim, Yelle und andere heimsen im Ausland große Erfolge ein. Hinter dem Album „5:55“ von Charlotte Gainsbourg, das sich außerhalb der französischen Grenzen ebenfalls sehr gut verkauft, stecken Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel, das Duo der Gruppe Air. Und was die Sängerin Zaz betrifft: Mit weltweit über 1,8 Millionen verkauften Alben – darunter 450 000 in Deutschland – ist sie die Ausnahmeerscheinung des Jahres 2010. Ihr erstes Album mit dem Titel „Zaz“ wird zweifach mit der Platin-Schallplatte ausgezeichnet. In den östlichen Ländern und in der Türkei haben ihre Lieder, obwohl sie gänzlich auf Französisch gesungen werden, ebenfalls großen Anklang gefunden.

Weitere wichtige Interpreten des neuen französischen Chansons sind Dominique A, Thomas Fersen, Philippe Katerine, Helena Noguerra, Emilie Simon, Coralie Clément, Sébastien Tellier und Mickey 3 D. Auch die von Yann Thiersen komponierte Filmmusik zu dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ hat das aktuelle französische Chanson weltweit bekannt gemacht.

Übrigens: Seit 1994 sind die Radiostationen in Frankreich verpflichtet, 30 bis 40 Prozent ihres Musikprogramms mit französischen Interpreten zu belegen.