Reiseroute: Eine Leuchtturm-Tour durch die Bretagne

Kaum wo auf der Welt gibt es eine so hohe Leuchtturmdichte, wie in der Bretagne. Hier trifft der machtvolle Atlantik auf diese französische Granithalbinsel. Klippen, Untiefen und starke Strömungen sind eine große Gefahr für die Schiffe. Die Menschen versuchen schon seit Jahrhunderten, die Schifffahrt mit Hilfe von Leuchtfeuern und Signaltürmen sicherer zu machen.

1. Phare du Cap Fréhel

Wir beginnen unsere Tour am Cap Fréhel, das 90 Kilometer entfernt vom Mont Saint-Michel, dem Tor zur Bretagne, liegt. Die bis zu 70 Meter hohen, steilen Klippen des Cap Frehel ragen in den Golf von Saint-Malo. Auf der Höhe des Kaps stehen sogar zwei Leuchttürme. Der ältere, runde wurde im 17. Jahrhundert vom königliche Festungsbaumeister Vauban errichtet, der jüngere, viereckige wurde 1950 in Betrieb genommen. Er ist für Besucher geöffnet, und wir steigen natürlich die 145 Stufen hinauf zur Aussichtsplattform und genießen von da die herrliche Panoramaaussicht bis zum Fort la Latte und noch weiter.
Vier Kilometer südöstlich thront die Burg Fort la Latte, ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel, auf einer weiteren Felsenklippe. Westlich des Cap Fréhel reiht sich entlang des bretonischen Fernwanderweges ein Sandstrand an den anderen. Wir radeln sogar nach Sonnenuntergang vom Campingplatz hoch zum Leuchtturm, um Nachtaufnahmen zu machen und wundern uns, dass noch relativ viele Besucher unterwegs sind.

2. Phare de Men Ruz

130 km weiter westlich steht ein eher unscheinbarer, kleiner Leuchtturm, farblich passt er sich seiner Umgebung an. Und nachts ist sein Licht nur ein dezentes Blinken. Aber diese Küste ist grandios und das Zusammenspiel von Leuchtturm und Felsen unwirklich und extrem fotogen. Der Phare de Ploumanac’h, wie er offiziell heißt, ist nach der Ortschaft Ploumanac’h benannt und bedeutet Gemeinde der Mönche. Men Ruz ist bretonisch und heißt roter Stein. Der Leuchtturm ist zusammen mit der benachbarten Eiffel-Villa ein berühmtes Wahrzeichen der Côte de Granit Rose. Hier bei Ploumanac'h und Tregastel liegen die spektakulärsten Abschnitte des bretonischen Zöllnerpfades. Fantastische Gebilde aus rosa Granit, massive Felsen balancieren aufeinander, an jeder Wegbiegung schauen uns fantastische Wesen und Gesichter in dem bizarren Fels an. Hier können wir tagelang wandern, und entdecken immer wieder neue Figuren in den Felsen.

3. Phare de Pontusval

Weitere 110 km entlang der Küste wird es ruhiger. Als wir noch mit unseren drei kleinen Kindern unterwegs waren, war der Plage du Phare bei Brignogan-Plages unser absoluter Lieblingsstrand. Im nordwestlichen Teil von Finistère laden kilometerlange Strände zum Wandern und Baden ein. Überall liegen gewaltige Granitfelsen neben- und übereinander, welche die Elemente zu skurrilen Formen geschliffen haben. Der kleine Leuchtturm sieht aus wie eine Kirche. Er duckt sich am Strand hinter ein paar schützenden Felsen und passt ideal in diese fantastische Umgebung. Die Ebbe legt täglich weiträumige Wattflächen frei. Ich mische mich neugierig unter die Fußfischer, und frage ihnen Löcher in den Bauch. Mich interessiert vor allem das Meerohr, eine Delikatesse, die man nur bei maximaler Ebbe bei hohen Gezeitenkoeffizienten finden kann. Allerdings sammle ich die Schnecken nicht zum Essen, sondern fotografiere sie. Im Ort gibt es ein Muschelmuseum, welches wir besuchen.

4. Phare de l‘Ile Vierge

Nur 30 Kilometer weiter steht der mit über 82 Metern höchste Leuchtturm Europas auf der Ile Vierge, eineinhalb Kilometer vom Festland entfernt. Gleichzeitig ist der Phare de l'Ile Vierge der höchste Steinleuchtturm der Welt. Er ist für Besucher geöffnet, bei Ebbe könnte man sogar zu Fuß hingehen. Wir trauen uns das aber nicht, die Ebbe weicht heute nicht weit genug zurück. Es gibt aber Touren mit dem Boot, die eine Führung durch den Leuchtturm beinhalten. Im Inneren führt eine atemberaubende, freischwebende Wendeltreppe entlang der weißgekachelten Turmwand 360 Stufen in die Höhe. Allein dieses wunderschöne Treppenhaus ist ein Besuch des Leuchtturms wert. Das Wattgebiet in dieser Region unterscheidet sich wegen des feinen Sandes von Brignogan. Bei Ebbe kann man stundenlang diese weite Wattlandschaft erkunden. Der bretonische Zöllnerpfad führt auch hier entlang, und nach einer ausgiebigen Wandertour mit Leuchtturmbesteigung schmeckt das Abendessen in einem der am Meer liegenden Restaurants nochmal so gut.

5. Phare Saint-Mathieu

Wir fahren mit unserem Wohnmobil weiter entlang der Küste. Jetzt im westlichsten Zipfel der Bretagne häufen sich die Leuchttürme, wir freuen uns, dass es schon nach 55 Kilometern der nächste berühmte Leuchtturm steht. Die Wellen rauschen, das Meer und der Himmel sind tiefblau. Wir haben gerade die engen Gassen des typisch bretonischen Hafenstädtchens Le Conquet hinter uns gebracht, da stockt uns der Atem: Wir sehen zum ersten Mal den Phare Saint-Mathieu. Er thront auf den Klippen der gleichnamigen Landzunge zwischen den Ruinen einer alten Abtei. Was für ein Anblick!
Vor 1835 hatten die hier ansässigen Mönche einen Feuerturm betrieben, der aber baufällig wurde. Ein neuer Turm musste her. Der Phare Saint-Mathieu ist das Idealbild eines Leuchtturms. Die runde, sich nach oben verjüngende Form, weiß und rot geringelt, mit rotem Leuchtfeuerhaus. In beide Richtungen führt der Zöllnerpfad am Rand der steilen, hohen Klippen entlang. Nicht weit nördlich von Saint-Mathieu führt der Pfad zurück zum malerischen Hafenstädtchen Le Conquet. In der kleinen Stadt gibt es Markttage und frischen Fisch direkt vom Boot. Außerdem fahren von hier die Fähren nach Ouessant und Molene. Vom Hafen aus sieht man den Leuchtturm Kermovan.

6. Phare du Petit Minou

Wenige Kilometer östlich von Saint-Mathieu auf der Straße nach Brest macht uns ein unscheinbares Hinweisschild auf eine Abbiegung aufmerksam. Phare de Petit Minou! Über enge, gewundene Wege bewegen wir uns Richtung Küste. Noch ein letzter Hügelkamm, dann geht es steil abwärts. Nebel liegt an diesem Frühlingsabend auf dem Meer. Plötzlich steigt die Sonne aus dem Nebelmeer auf und taucht die Meerstraße von Brest in ein irreales Licht. Vor der Küstenklippe, auf einer winzigen vorgelagerten Insel leuchtet ein kleiner, aber feiner Leuchtturm wie ein Juwel im Sonnenlicht auf. Petit Minou bedeutet das kleine Kätzchen. Die Leuchtturminsel ist durch eine Steinbrücke mit dem Festland verbunden. Trotzdem war es jahrzehntelang nicht möglich, den Turm zu besuchen. Das Gebiet mit dem vorgelagerten Fort ist Militärgelände und war für Besucher gesperrt. Erst seit einigen Jahren ist der Zugang gestattet, es gibt allerdings je nach Jahreszeit und Fluthöhe wechselnde Öffnungszeiten.
Hier verläuft der bretonische Fernwanderweg direkt am Klippenhang entlang. Eidechsen und Blindschleichen sonnen sich auf den warmen Steinen der Felsenklippen. Rechterhand führt der Wanderweg zum Plage du Petit Minou, ein bei Ebbe weitläufiger Sandstrand, an dem sich jedes Wochenende die gesamte Surfer-Community aus dem nahegelegenen Brest trifft.

7. Phare de la Vieille

Der Phare de la Vielle ist der unnahbarste der hier vorgestellten Leuchttürme. Er liegt einen Kilometer vor der Küste in einem der strömungsintensivsten Wasserstraßen Frankreichs, die von Seglern respektvoll als „Waschküche“ betitelt wird. Was den Phare de la Vielle so besonders macht, er liegt genau vor einem der bedeutendsten Touristenziele Frankreichs, dem Pointe du Raz. Diese steile, schroffe Felsklippe ragt über 70 Meter hoch weit in den wilden Atlantik hinaus.
Nach 140 Kilometern Fahrt stehen wir unser Gefährt auf dem Parkplatz am Besu-cherzentrum ab und laufen etwa zwei Kilometer vor bis zum Kap. Ein ständiger Wind bläst uns die salzige Seeluft um die Nasen, Wanderpfade unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades durchziehen die Hänge der Steilküste. Nur in die äußerste Spitze trauen wir uns nicht. Da sind echte Kletterfähigkeiten gefragt. Unser Traum wäre es, hier im Winter oder Herbst bei Sturm zu fotografieren. Nicht, dass wir einen Grund zum Wiederkommen brauchen.

Auf dem Weg zu unserem nächsten Leuchtturm halten wir in dem Fischerstädtchen Audierne an der Mündung des Goyen. Hier könnten wir ewig verweilen. Im Hafen mit den stattlichen Häusern und den vielen Geschäften, Cafés und Restaurants, in den verwinkelten Gassen der Altstadt und auf dem langen Sandstrand am Westende. Mehrere kleine Leuchttürme stehen dort. Den Leuchtturm Lervily kannst du sogar als Ferienwohnung mieten.

8. Phare d‘Eckmuehl

Alles andere als unnahbar ist unser nächstes circa 50 Kilometer entferntes Ziel. Der Leuchtturm Eckmuehl ist eines der meistbesuchten Gebäude im Departement Finistère. Sein opulentes martialisches Aussehen verdankt der Leuchtturm einer großzügigen testamentarischen Überlassung der Marquise d'Eckmuehl. Sie setzte mit diesem Gebäude ihrem Vater, einem General unter Napoleon, ein Denkmal, und gleichzeitig einen wertvollen Beitrag für die Sicherheit der Fischereiflotten in diesen gefährlichen, von Untiefen und Felsriffen reichen Gewässern.

307 Stufen führen spiralig an der mit Opalglas gekachelten Innenwand entlang den 60 Meter hohen Phare d'Eckmuehl hinauf. Das Treppenhaus ähnelt frappierend dem des Phare de Ile Vierge. Traditionell findet jährlich im August ein Wettlauf den Turm hinauf statt. Der Rekord liegt zur Zeit bei 47 Sekunden. Wir lassen uns ein bisschen mehr Zeit und achten lieber auf die Details des Bauwerkes.
Ich liebe es, hier morgens früh am Leuchtturm zu sein. Der Wind und die Gezeiten laden hier tonnenweise Tang ab. Es riecht kräftig nach Meer und die Vögel suchen darin nach Essbarem.

Für lange Strandspaziergänge eignet sich der nahe liegende Surferstrand, der Plage de la Torche. Wir laufen von unserem Wohnmobilstellplatz in St Guenole los und wandern entlang der skurrilen Felsformationen. Schilder warnen vor gewaltigen Wellenbrechern, die schon Menschenleben gekostet haben. Wir halten gehörig Abstand von der Küste und genießen die salzige Luft und das Donnern der Brandung. Irgendwann ziehen wir doch weiter, und schon nach 20 Kilometern treffen wir auf den nächsten Leuchtturm.

9. Tourelle de Perdrix

Das kleinste Türmchen, aber das mit der interessantesten Bemalung, steht in der Mündung des Riviére de Pont-l’Abbé in Loctudy. Der schachbrettartige Anstrich ist dermaßen außergewöhnlich, dass der Turm einen Ehrenplatz im Stadtwappen von Loctudy erhalten hat. Vom Hafen laufen wir bei Ebbe am Flussufer entlang zum Ortsteil Langoz, wo sich ein langer Sandstrand anschließt und ein weiterer rot-weißer Leuchtturm an der Flussmündung wacht.
Für einen ausgedehnten Stadtbummel fahren wir in die nahegelegene Hauptstadt des Bigoudenlandes, Pont-l'Abbe mit ihren historischen Gebäuden.

10 . Phare de Port Manec‘h

Im Mündungsgebiet des Zusammenflusses der Flüsse Aven und Bélon liegt das kleine Hafenstädtchen Port Manec'h. Kenner der Kommissar Dupin Romane werden diesen lauschigen Hafen sicherlich kennen.
Im schönsten Frühsommer-Sonnenschein erreichen wir nach 60 Kilometern Port Manec'h, klemmen unser Gefährt in eine Parklücke und begeben uns auf die Suche nach dem Leuchtturm. Im Hafen schweben die Boote auf kristallklarem Wasser, Sandstrand und Café sind voll von Ausflüglern. Trotzdem herrscht hier keine Hektik, nur bretonische Gelassenheit.
Wir wandern den Pfad an der steil abfallenden Küste entlang. Vom Leuchtturm allerdings keine Spur. Weiter oben an der Klippenkante drehen wir uns Richtung Festland um und siehe da, plötzlich schaut uns der Turm über die Kante hinweg an. Er steht etwas landeinwärts auf der höchsten Stelle des Flussmündungsgebietes.
Ein paar Kilometer flussaufwärts liegt die Stadt Pont-Aven, ein schmuckes Kleinod, in dem wir an fast jeder Ecke auf Spuren des berühmtesten Einwohners stoßen, dem Maler Paul Gauguin. Die historische Innenstadt, die Gärten am Fluss Aven mit den verschlungenen Pfaden wecken in uns das Gefühl, in der Zeit zurückgesetzt zu sein.

Karte: Streckenverlauf der Leuchtturm-Tour

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© Atout France - Leuchtturm-Reiseroute

Anreise in die Bretagne

Mit dem eigenen Auto oder Wohnmobil: Wer sich nicht dem Verkehrsgetümmel um Paris aussetzen will, kann die nördliche Route über Metz, Reims, Amiens und Caen nehmen. Die südliche Route führt über Mühlhausen, Besancon, Orleans, Le Mans und Rennes zum Anfang unserer Leuchtturm-Tour.

Mit Flugzeug und Leihwagen: Günstig gelegene Zielflughäfen in der Bretagne sind Rennes und Brest. Auch nach Nantes im Süden bestehen viele und häufige Flugverbindungen.

Mit dem Zug: Die Anreise mit dem Zug ist über Paris oder Brüssel möglich. Die Reisezeit liegt zwischen 6 und 10 Stunden.

Übernachtung: Größtmögliche Flexibilität hat man natürlich mit einem Wohnmobil. Wer mit dem Auto unterwegs ist, findet eine gute Hotel-Infrastruktur, sowie Pensionen oder Ferienwohnungen vor. Viele Angebote lassen sich kurzfristig übers Internet buchen und gestatten so eine gewisse Flexibilität während der Reise.

Camping- und Wohnmobilstellplätze

Die aktuelle Situation der Stellplätze sollte man am besten vor Anreise überprüfen, das gilt speziell in Corona-Zeiten. Dazu bietet sich beispielsweise die campercontact.nl-App an. Unsere Empfehlungen:

  1. Camping du Cap Fréhel in Strandnähe, 2km westlich vom Leuchtturm. In der Nebensaison kein Service.
  2. Phare Men Ruz: Großer Stellplatz in Tregastel am Kreisel zum Super U Supermarkt. Guter Ausgangspunkt für den Zöllnerpfad.
  3. Camping du Phare am Leuchtturm Pontusval direkt am Strand.
  4. Ile Vierge: Parkplatz mit Entleerungsstation in Plouguerneau, zum Übernachten ok.
  5. Parkplatz am Tourist-Office in Le Conquet, schön zentral gelegen aber oft voll. Ansonsten Camping- und Stellplätze auf der gegenüberliegenden Halbinsel Kermorvan.
  6. Zur Erkundung des Phare du Petit Minou: Ebenfalls Stellplatz Nr. 5.
  7. Großer Parkplatz für Wohnmobile am Besucherzentrum vom Pointe du Raz mit Übernachtungsmöglichkeit.
  8. Ruhiger Stellplatz in Küstennähe am nördlichen Ende von St. Guenole, nördlich des Phare d'Eckmuehl.
  9. Stellplatz im Ortsteil Langoz in der Nähe der Promenade.
  10. Stellplatz in Pont Aven am Stadion. Gut für Stadtbummel.