In "Reise durch den Süden Frankreichs" gibt Manfred Hammes wertvolle Tipps zu Literatur, Kunst und Kulinarik. Als kleinen Vorgeschmack auf das Buch haben wir den Autor zu seinen persönlichen Eindrücken der Region Okzitanien befragt.
- Was ist Ihr persönlicher Lieblingsort in der Region Okzitanien?
Neben Uzès das kleine Städtchen Vézénobres, nicht weit von dort und am Hang oberhalb der D 936 gelegen. Touristisch zum Glück immer noch übersehen, trotz seines bestens erhaltenen romanischen Stadtkerns. Aber deshalb umso liebenswerter.
Ein Restaurant, die Boulangerie und zwei Bars, das war’s, aber jeder kennt jeden. Mick Jagger von den Rolling Stones hatte sich hier mal ein Haus gekauft und konnte, ohne ein Wort französisch zu sprechen oder lernen zu wollen, natürlich nicht heimisch werden.
Boules wird hier übrigens mit „viereckigen“ Kugeln gespielt. Weil die Kugeln immer wieder die steilen Wege hinab rollten, spielt man hier mit Holzwürfeln. Und die Stadtmeisterschaft ist immer zugleich auch die französische und die Weltmeisterschaft.
- Haben Sie einen Geheimtipp?
Eine Rundfahrt mit einem der Austernzüchter von Bouzigues. Und hinterher einen Spaziergang entlang der Standpromenade und den Chemin de la Catonnière machen, bis man, nach höchstens fünfzehn Minuten vor einer etwas verwahrlosten Hofeinfahrt steht. Dort nämlich, so das Schild, sei die „L’Oasis du Pêcheur“ und genau die ist es dann auch.
Auf der kleinen Terrasse direkt über dem Wasser bekommen sind die Plätze rar. Am besten vorher anrufen und reservieren: 0033 467 78 31 75. Dann werden Sie ganz familiär nach Ihrem Vornamen gefragt. Eine ganz bodenständige Fischerküche ohne jedes Schnick und Schnack, Muscheln, die frisch aus dem Etang de Thau kommen, kein Fleisch und auch keinen Käse hinterher, Familienbetrieb eines Austern- und Muschelzüchters.
- Was sollten Besucher, die zum ersten Mal in Uzès sind, auf jeden und keinen Fall unternehmen?
Am Samstagsmarkt kommt ohnehin niemand vorbei, dann aber durch die sorgfältig renovierten Gassen bummeln, den mittelalterlichen Garten besuchen und sich dort vom Turm einen Überblick über Stadt und Garrigue verschaffen. Keinesfalls erforderlich ist der Besuch im privaten und teuren herzoglichen Schloß.
- Was sollte man in Uzès machen, um sich wie ein Einheimischer zu fühlen?
Statt samstags lieber am Mittwoch auf dem Erzeugermarkt einkaufen und dann in der Bar de l’Hôtel gegenüber von der Caisse d’Èpargne einen Pastis trinken (oder zwei) und beruhigt wissen, dass Ihre Frau in der Zwischenzeit gekocht hat.
- Ihr regionales Lieblingsrestaurant?
Für ein sommerliches Mittagessen sei die schattige Terrasse des „Trois Perdrix“ empfohlen, das eine ländlich-bodenständige Küche bietet. Man braucht bei Madame und Monsieur Guillout keine Angst zu haben, dass hier nullprozentiger Quark oder fettreduzierte Sahne statt Crème fraîche zum Einsatz kommen.
Selbst ohne besonderen Appetit würde ich wegen der hausgemachten Rilettes de Canard oder der Dorade, mit dem Safran von Carine Soulas aus Foissac, hingehen. Von der Foie gras, die entweder getrüffelt oder auf einer karamellisierten Apfelscheibe angerichtet ist vorher und der cremigen Schokoladentarte mit Vanilleeis hinterher gar nicht zu reden. Alles in allem eine phantasievolle Regionalküche zu einem besonders fairen Preis-Leistungsverhältnis.
- Ihr Lieblingsspaziergang in der Region
Von Sanilhac bei Uzès aus: Eine Wanderung zur Einsiedlerhöhle des Heiligen Veredemus. Hier kann man sehen, wie ein Einsiedler im achten Jahrhundert in den Schluchten des Gardon und nicht weit von Brücke Saint Nicolas gelebt hat. Auf alle Fälle Wasser mitnehmen und eine Taschenlampe. Denn ohne haben Sie den Weg - je nach Kondition immerhin zwischen zwei und drei Stunden - umsonst gemacht; die mehr als 150 Meter tief in den Fels gehende Grotte liegt nach gut zwanzig Metern vollständig im Dunkeln. Kurz vor der Grotte befindet sich eine einfache Kapelle, die Veredemus errichtete und die zu den ältesten christlichen Gebäuden der Region gehört. Die Straße übrigens, die nicht weit von Sanilhac ins Gardontal führt, mag älteren Kinobesuchern bekannt vorkommen. Hier fuhr 1952 Yves Montand den mit Sprengstoff beladenen Lastwagen im Film „Lohn der Angst“.
- Die Region in fünf Sinnen!
- Hören: Die Stille auf den Hochebenen. Von Florac im Lozère auf die Causse Méjean fahren und das Brummen einer Hummel in drei Kilometern Entfernung noch hören.
- Sehen: Mit einer 180°-Drehung auf dem Mont Bouquet bei Uzès gleichzeitig den Mont Ventoux und die Pyrenäen betrachten.
- Riechen: Im Fischereihafen von Le-Grau-du-Roi die Mischung von Teer, Tang und frischem Fisch.
- Schmecken: Frische Austern mit dem Rest Meerwasser aus der Schale und mit einem Picpoul nachspülen.
- Tasten: Dem Schriftzug „recister“ mit den Fingern nachfahren. Marie Durand, die während der Religionskriege 38 Jahre im Tour de Constance von Aigues-Mortes eingesperrt war, hat ihn dort eingeritzt.
- Was sind Ihre zukünftigen Projekte?
Nach meinem gerade erschienenen Buch „Durch den Süden Frankreichs“ geht es jetzt wieder an Dokumentarfilmprojekte über Literaten, Maler und Köche des Midi.
Einige der bereits gesendeten TV-Filme stehen zu Download oder Ansehen bereit: Uzès und Camargue oder Marseille und Sanary
- Ein Ort bei schlechtem Wetter
Da empfehle ich den Besuch des Musée Paul Valéry in Sète, das nicht nur den Dichterphilosophen berücksichtigt, sondern auch zahlreiche Stadtansichten über die Hafenstadt und immer wieder beachtliche Sonderausstellungen zeigt. Einen ganzen Tag kann man hier verbringen und sogar die Mittagspause im angenehmen Restaurant mit eigenem Teich. Den Rückweg in die Stadt kürzen wir über den schönsten Friedhof Frankreichs ab, den Ciitière marin, von dem aus nicht nur die Toten die beste Aussicht auf Hafen und die gesamt Küste haben. Viele Seeleute liegen hier begraben und natürlich Paul Valéry.


Von France.fr
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