Interview mit Paul Grote - Tipps für Ihren Rhône-Aufenthalt

Der Schriftsteller Paul Grote gab 2004 mit "Tod in Bordeaux" sein Krimidebüt. Seither folgten 13 weitere Bände seiner Weinkrimi-Reihe. Im August 2017 erschien "Am falschen Ufer der Rhône", eine Region, die es ihm ganz besonders angetan hat. Wir haben ihn hierzu nach Tipps und Anregungen befragt.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingsort in der Region Rhône?

Malaucène nahe Vaison-la Romaine, am Fuß des Mont Ventoux, um einen Kaffee zu trinken. Dann folgt Beaume de Venise, um einzukaufen und um hinauf zur Burg zu gehen. Da wirft man einen ersten Blick auf die Zacken der Dentelles de Montmiraille. Unterwegs kommt man im Dorf Susette vorbei … dort habe ich meine Hängematte zwischen zwei Pinien gehängt und im wahrsten Sinne des Wortes „abgehangen“, die Sonne untergehen sehen, und schließlich zogen die Sterne über den Dentelles auf…

Was sollten Besucher, die zum ersten Mal an der Rhône sind, auf jeden Fall machen?

Unbedingt beide Ufer besuchen! Châteauneuf du Pape ist sehenswert, obwohl der Ort architektonisch wenig zu bieten hat. Aber der Weg hinauf zur Schlossruine der Päpste von Avignon lohnt auf jeden Fall. Von dort ist auch Avignon zu sehen. Die Gelegenheit, die grandiosen Weine von Châteauneuf du Pape zu probieren, darf man nicht verstreichen lassen. Die Vielfalt der Weinkeller ist ähnlich einzigartig wie die Rebsorten: ihre Ausprägung je nach Art des Bodens, ob Kies; Sand, Kalk oder Lehm, dann die unterschiedliche Weise, die Rebsorten in Cuvées zu kombinieren und die Weine jahrelang reifen zu lassen.
Auf der anderen (der rechten Seite) Seite der Rhône liegt Montfaucon mit seiner Domaine. Wer es schafft, den Schlossherrn zu bewegen, seinen Keller zu öffnen, wird einige wunderbare Weißweine probieren können. Das Dorf Tavel ist nicht weit, von dort kommen Frankreichs beste Rosés. Die Domaine de la Mordorée bietet unvergessliche Geschmackserlebnisse, ebenso wie die örtliche Genossenschaft.

Ihr regionales Lieblingsessen? Lieblingsrestaurant?

Das Filet eines Camargue-Stiers mit Provencalischer Sauce – selbstverständlich im Verger des Papes hoch über Châteauneuf d.P. Man muss stets dort essen, wo die Winzer ihre besonderen Gäste hinführen, denn sie haben nicht nur die besten Nasen, sondern auch den besten Geschmack. Ein paar Tage später isst man im Bergdorf La Roque-Alric das (einzige) Menü des Tages. Aber am liebsten war es mir, in Malaucène auf dem Markt einzukaufen und selbst zu kochen.

Ihr Lieblingsspaziergang in der Region?

Von Beaume de Venise über die Dentelles hinüber nach Gigondas. Aber das ist mehr eine Wanderung als ein Spaziergang. Oder zu den Cascades der Cèze bei Saint-Michel d’Euzet, um ein erfrischendes Bad zu nehmen.

Die Region in 5 Sinnen:

  • Ein Geruch: Lavendel, Rosmarin, Thymian und Salbei in einer Duft-Melange, die dem dichten Unterholz der sogenannten Garrigue enströmt.
  • Ein Geräusch: Das Geräusch des leise dahinfließenden Wassers, das über die Steine rinnt und dazu das silberne Sirren der Zikaden.
  • Ein Geschmack: Der Geschmack dieser Region ist der Wein, seine Kraft, die schwarzen und reifen Beeren, der Hauch von Kaffee, der Duft von Cassis, die Spur von Vanille, das Aroma würziger Kräuter.
  • Eine Aussicht: Die Aussicht aus der Höhe über dem Dorf Susette auf die Dentelles bringt einem dem Himmel nahe. Da lassen sich die Sterne mit den Händen pflücken.
  • Ein Gefühl: Das alles führt zu dem Gefühl, hier Wurzeln schlagen zu wollen oder unbedingt wiederkehren zu müssen.

Was sind Ihre zukünftigen Projekte? Spielen sie auch in der Region Rhône oder in einer anderen?

Im nächsten oder übernächsten Kriminalroman meiner europäischen Reihe werde ich die Loire, ihre Weine und die Winzer vorstellen. Dazu gehört auch die historische und architektonische Dimension, die geologischen Formationen, die ökologischen Erfordernisse der Gegenwart sowie Einblicke in die lokale Politik.

Warum die Loire? Was verbindet Sie mit ihr?

Ich liebe Flüsse und ihre Bewegung, die Verbindung zu anderen Gegenden, sich treiben zu lassen und das Licht auf den Wellen. Sie stellen Verbindungen her, und an ihren Ufern wächst der Wein. (Ich mag Salzwasser nur zum Kochen.) Mir gefällt die Renaissance-Architektur und die damit verbundene Geschichte und die Geschichten, sie regen die Fantasie des Autors an. Was mag sich in diesen Schlössern und in den umliegenden Dörfern ereignet haben? Mord, Intrigen, Verrat, Spionage - ein alter Abbé, versteckt unter eine Kutte, überbringt die gefährliche Nachricht. Und vielleicht findet sich auch ein wenig Gnade.

Gibt es für Ihre Figuren reale Vorbilder?

Ich suche mir in der Realität Sachverhalte und Figuren, die so verfremdet werden, dass sie höchstens Eingeweihte zu erkennen vermögen. Aus konkreten Ereignissen konstruiere ich eine plausible Geschichte, vielleicht ist es sogar eine, die sich so oder ähnlich ereignet hat. Die verwebe ich mit dem Thema Wein und mit den Protagonisten einem meiner vorherigen Romane. Die Kellereien, die Winzer und ihre Weine dagegen sind real, können aufgesucht und besucht werden, die Weine lassen sich probieren, in den Restaurants kann man verweilen, die Schösser bestaunen…

Was sollte man in der Region Rhône machen, um sich wie ein Einheimischer zu fühlen?

Das ist schlicht unmöglich. „Das einzig Fremde in der Fremde ist der Fremde.“ Man kommt als Fremder und geht vielleicht als Freund - und das ist bereits sehr viel. Ich habe mal fünfzehn Jahre in einem fremden Land gelebt und bin ihm doch stets fremd geblieben, obwohl ich in vielem so gelebt habe wie die Einheimischen. Mir fällt höchstens ein Rockkonzert oder ein Sinfoniekonzert im römischen Amphitheater von Orange ein. aber das geht leider schnell vorbei.

Ein Ort bei schlechtem Wetter?

Habe ich im Sommer an der Rhône nie erlebt. Doch gesetzt den Fall, dass es ausnahmsweise mal regnet, schlage ich die Küche oder die Couch des Ferienhauses vor, in den Händen ein spannendes Buch, im Nacken ein weiches Kissen und auf dem Tisch eine Kanne Tee, daneben zwei oder drei Pralinen - oder vier oder fünf - und einem schönen Cognac.

Weitere Informationen zum Autor:
www.paul-grote.de (Externer Link)

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